Dieser Artikel ist der 23. von insgesamt 23 in der Reihe "Hubsis Coronatagebuch"

Mit der Erhöhung des Jahreszählers fingen auch die Impfungen an. Das sorgte schon für einen Lichtblick, da nun die besonders vunerablen Gruppen die Möglichkeit bekommen, sich effizient gegen das Virus zu schützen. Auch die Zahlen bewegen sich seitdem auf einem stabilen Niveau, die Sieben-Tages-Inzidenz ist annähernd konstant und tendentiell vielleicht sogar leicht fallend. Allerdings liegt sie sehr hoch, meist zwischen ein- und zweihundert neuen Infektionen pro hundertausend Einwohner.

Das langt dem großköniglichen Herrscher des größten Bundeslandes, um eine neue Vorschrift auf den Weg zu bringen: FFP2-Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften.

Better safe than sorry

FFP steht hierbei für „filtering face piece“, was man als „filterndes Gsichtsstück“ übersetzen könnte. Es sind Atemschutzgeräte, die man auf dem Gesicht trägt. Die zwei entspricht der Klassifizierung der Maske und bedeutet in diesem Fall eine Filterung von fünfundneunzig Prozent der Partikel, die größer als null komma sechs Mikrometer sind. Hierunter fallen auch die Viren und ihre Überträgerstoffe. Demnach bietet eine solche Atemschutzmaske einen effektiven Schutz vor SARS-CoV-2 und der resultierenden COVID-19-Erkrankung.

Auf der anderen Seite sind diese Masken keine Neuheit und werden schon seit ettlichen Jahren zum Arbeitschutz eingesetzt. In der Arbeitswelt werden sie immer dann vorgeschrieben, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt, den Ausführenden vor den Schadstoffen zu schützen. Zudem ist der Einsatz strikt geregelt und die Verwendung der Masken nicht trivial: Es gibt z. B. vorgeschriebene Tragedauern und Pausen. Das rührt vor allem daher, dass durch den Filter mehr „Kraft“ nötig ist, um die Luft anzusaugen bzw. auszustoßen.

Auch sehr wichtig ist, dass die Maske perfekt und luftdicht auf dem Gesicht sitzt. Wer schon mal eine Taucherbrille auf hatte kennt das nervige Problem – Wasser läuft in die Brille, weil sich ein paar Haare zwischen dem Gummi und der Stirn verklemmt haben.
Ähnlich ist es mit der Atemluft und der FFP2. Beim Tauchen ist es der Wasserdruck, der das Wasser in die Brille hineindrückt, beim Atmschutz die angesogene Luft, die sich „Abkürzungen“ sucht.
Und solche Abkürzungen gibt es im Gesicht einige, man denke nur mal an die Bärtigen unserer Gesellschaft oder Personen mit kleinen, anders geformten Köpfen. Bei denen sind die Masken in Einheitsgröße einfach Physikalisch nicht in der Lage abzudichten.
Bei der Taucherbrille merkt man sofort, wenn das Meerwasser auf einmal in den Augen brennt – wenn man den Virus einatmet dauert es aber ein paar Tage, bis man den Sitz der Maske korrigieren kann.

Ein weiterer Punkt, der nicht vernachlässigt werden sollte ist, dass die Halbmasken nicht ohne weiteres Wiederverwendbar sind. Die Beschaffenheit lässt ein Waschen oder Desinfizieren nicht zu, ohne die Wirksamkeit aufzuheben. Leider sammeln sich die Viren aber auf bzw. in der Maske. Zum Beispiel haben ausgeatmente Schadstoffe – die sich nicht im Körper festetzen konnten – wiederholt die Gelegenheit es ein weiteres mal zu probieren, da sie nicht an der Maske vorbei nach außen können. Sollte man nun mit einem Infizierten Finger zuerst die Außenseite und anschließend die Innenseite berührt haben, ist das Kind in den Brunnen gefallen und man kann sich schon mal für die nächsten vierzehn Tage krankschreiben lassen.
Nein, so schlimm ist es natürlich nicht gleich, die Gefahr besteht dennoch. Die FH Münster hat eine Studie dazu veröffentlich, wie man solche Masken dennoch wirkungsvoll mehrmals benutzen kann.

Etz wirds a Schmarrn

Eine FFP2 kann also durchaus, wenn sie richtig angewendet wird, vor dem Virus schützen. Die Ankündigung der Tragepflicht hat mir aber trotzdem übel aufgestoßen.

Mit Blick auf die weiterhin sehr hohe Infektionsdynamik und zur stärkeren Eindämmung des Infektionsgeschehens hat der Ministerrat daher heute eine Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske im Öffentlichen Personennahverkehr und im Einzelhandel ab Montag, den 18. Januar 2021, beschlossen.

Bericht aus der Kabinettssitzung vom 12. Januar 2021

Diese Ankündigung kommt sechs Tage vor Inkrafttreten (fünf Arbeitstage) und betrifft alle Personen, die sich in Bayern aufhalten. Dieser Zeitraum ist de Facto viel zu kurz für einen solchen Beschluss. Die Teufel, die er rief, ließen nicht lange auf sich warten: Das Klopapier-Desaster aus dem letzten Jahr wiederholte sich, allerdings mit Masken als Objekte der Begierte. Lange Schlangen und leergekaufte Regale waren das Ergebnis. Der Handel hatte keine Zeit sich auf diese neue Situation einzustellen und wurde regelrecht überrannt.
Interviewte Apotheker sagten alle, dass sie zwar eine erhöhte Nachfrage registrierten, allerdings immer noch genügend Masken auf Lager hätte. Bei den Drogerie- und Supermärkten sieht das schon anders aus. Allerdings kostet dort eine Maske auch zwischen ein und zwei Euro, während die „Profis“ gerne fünf bis sechs Tacken pro Stück nehmen.
Im Internet hab ich auch eine interessante Beobachtung machen können. Direkt nach dem lesen der Nachrichten wollte ich mir ein paar FFP2 bestellen, da ich selbst noch keine besitze. Die Angebote wahren zahlreich und auch die Preise moderat, abhängig von der Packungsgröße (es gab auch Ausreißer nach oben, aber die waren leicht zu überblättern). Ich habe mir also einen Zehnerpacken für vierzehn Talerchen geordert und den Link gleich an meine Freunde weitergeschickt. Etwas später kam die erste Rückmeldung mit einem Dank und dass er sie für siebzehn Euro gekauft hat. „Solche Hunde“ dachte ich mir: „Gleich mal den Preis nach oben geschraubt“. Am nächsten Tag hat der Händler dann die selbe Anzahl für zwanzig Euro verkauft. Das ist zwar immer noch nicht Teuer, dennoch ein ziemliches Ausnutzen der Situation. 😡

Neben dem zeitlichen Problem der Beschaffung werden ebenfalls Stimmen laut, die den finanziellen Aspekt in den Vordergrund rücken. Eine Familie mit zwei Kindern könnte durch diese Verordnung schon ein wenig in die Bredoullie geraten, gerade da man die Masken eben nicht einmal Kauft und immer wieder nutzen kann.

Für mich bleibt noch die Frage offen, ob die Sinnhaftigkeit wirklich gegeben ist. Wenn ich für mich entscheide, dass ich ein Atemschutzgerät tragen möchte, achte ich auch darauf dieses Richtig anzuwenden. In der Analogie zur Taucherbrille also, dass es dicht auf meinem Gesicht sitzt – auch wenn das bedeutet, dass ich mir zum Beispiel den Bart abrasieren oder mehr Geld für eine gute Passform ausgeben muss. Der großen Masse, die diese Masken nun trägt, weil sie muss, dürfen diese Aspekte verhältnismäßig egal sein. Dadurch ist die Funktion der Masken nicht von denen zu unterscheiden, die wir seit knapp einem Jahr bereits in allen Formen und Farben bei uns Zuhause gesammelt haben.

Ausgedient haben die Baumwoll-Community-Alltagsmasken aber trotzdem nicht. Nehmen wir einmal an deinem Chef ist der vierte goldene Gartenzwerk neben seiner Villa mehr Wert als deine Gesundheit und darum darfst du nicht per Remote arbeiten. Du stehst also morgens auf und schleppst dich zum Bus. Kurz vor der Haltestelle setzt du deine FFP2 auf. Dann steigst du in die U-Bahn um. Ziehst deine FFP2 wieder ab. An der Ausßenseite hängen nun ganz viele Erreger, also steckst du sie in einen Plastikbeutel. Im Büro angekommen ziehst dir deine Stoffmaske an, wäschst dir die Hände und Arbeitest ein wenig. Um Punkt zwölf meldet sich der Hunger, also auf zur heißen Theke. Vorm Laden wieder die FFP2 aus dem Beutel raus und rauf aufs Gsicht. Schnitzelsandwich bestellen, aus dem Geschäft raus und zurück ins Büro, unterwegs vlt schon mal das Schnabulieren anfangen. Dort dann wieder die Alltagsmaske und für den Rückweg am Abend noch mal die FFP2. Insgesamt musstest du diese Maske also dreimal anziehen, hast sie vlt eineinhalb Stunden getragen – die ist durch, du brauchst morgen eine neue!

Irgendwelche Informationen, die darauf abzielen oder Fragen diesbezüglich beantworten findet man leider nirgends.

Abschließend bleibt mir eigentlich nur zu sagen, dass die Verordnung in meinen Augen zwar klargeht, die Umsetzung allerdings sehr zu wünschen übrig lässt. So verärgert man ettliche Leute und gießt in der eh schon aufgeheizten Stimmung auch noch Benzin ins Feuer. Ich hoffe ihr seid dennoch alle gesund, habt noch FFP2 Masken kaufen können und dass wir nächstes Jahr zurückblicken und vielleicht doch den ein oder anderen schönen Moment hatten.

Foto von Anna Shvets von Pexels

Nächster Artikel: Wollt ihr mich verarschen?

2 Kommentare

Henry Maske · 14. Januar 2021 um 17:38

Also wenn der Bart absoll, dann staub ich meinen Aluhut wieder ab und marschiere zum Reichstag! Das würde meine Chakren dermaßen durcheinander wirbeln…

    Hubsi · 14. Januar 2021 um 17:49

    Oder Mann rasiert sich halt den Platz frei, auf dem die Maske aufliegen muss 😀

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter